Die Klimafrage
Wolf-Dieter Storl: Umweltproblematik langsam ausklingen lassen
Nach Wolf-Dieter Storl machen wir einen Riesenfehler, wenn wir die Natur nicht ganzheitlich betrachten. Es ist zu kurz gedacht, alles auf CO2 zu schieben und das Kohlenstoffdioxid zum Feind zu erklären. Das Verhalten basiert auf einem reduktionistischen Weltbild, auf einer massiven Vereinfachung. Die grössten Probleme für unseren Lebensraum Erde sind nach Storl die industrielle Landwirtschaft mit den Agrargiften wie Glyphosat, die giftigen Industrieabgase, die verdorbenen Flüsse und das Abholzen der Wälder.
CO2 ist das Gas des Lebens und schwerer als normale Luft. Die Pflanzen nehmen es auf. Sie atmen es ein, so wie wir Sauerstoff einatmen. CO2 ist Luftdünger für die Pflanzen. Es ist kein Treibhausgas und kein Klimagift.
Nach dem Agrarwissenschaftler Felix Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg ist es möglich, die Landwirtschaft umzuwandeln. Es gibt genügend Modelle und Möglichkeiten dafür.
Der Lösungsweg besteht für Storl in individuellem, authentischem Engagement. Wenn wir uns mit dem Selbst verbinden und dementsprechend in den Wald gehen, wird die Umweltproblematik langsam ausklingen.
Meinungen
Klimatologin Dr. Judith Curry: «Unabhängige Forschung und Klimatologie sind unvereinbar geworden. Die Klimatologie wird zu einer zunehmend zweifelhaften Wissenschaft, die einem politischen Projekt dient. Es gibt eine Erwärmung, aber wir verstehen die Ursachen nicht wirklich. Es ist an der Zeit, die globale Erwärmung wissenschaftlich zu untersuchen.»
Friedrich-Karl Ewert, emeritierter Professor der Universität für Geotechnik Paderborn: «CO2 vermeiden – mehr CO2 sichert die Biosphäre.»
Charles Eisenstein: Klimawandel neu gedacht
Worum geht es bei der aktuellen Klimadebatte? Müssen nur genügend viele Tonnen CO2 gebunden werden, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen? Kann der Verlust eines gefällten Baumes in einem CO2-Gegenwert gemessen werden? Antworten auf diese offenen Fragen entscheiden Wahlen.
Klima. Eine neue Perspektive von Charles Eisenstein hilft uns, die Klimafrage ganzheitlich zu sehen. In dem Buch liegt das Potential, die Klimadebatte in eine tragfähige, zukunftsorientierte Richtung zu lenken.
Nach Eisenstein wird das Thema aus politischen und wirtschaftlichen Interessen auf CO2 reduziert. Das Vorgehen des Klimaschutzaktivismus folgt dem gleichen Muster, das überhaupt erst zu Klimawandel und Umweltzerstörung geführt hat.
Doch ein globales Umdenken hat begonnen. Der evolutionäre Schritt der Menschheit wird durch den Klimawandel befeuert und die ökologischen Grenzen sind der Zündfunke.
Klima. Eine neue Perspektive ist ein zutiefst geomantisches Buch. Es braucht ein ganzheitliches Fühlen und Handeln, das die Verbundenheit von Mensch und Natur ins Zentrum stellt. Damit einhergehend kann die Heilung der sozialen und klimatischen Systeme geschehen, die sich beide bedingen.
Wenn Organe wie Wälder, Meere, Feuchtgebiete, Ökosysteme, Lebewesen, Böden, Flüsse und Luft gesund sind, kann der Organismus Gaia mit Temperaturschwankungen umgehen.
Charles Eisenstein ist Kulturkritiker, Philosoph und Mathematiker an der Yale University. Lesen Sie Auszüge aus seinem Buch Klima. Eine neue Perspektive, Europa Verlag 2019:
Die Kommerzialisierung der Natur
«Stellen Sie sich einen Moment lang vor, ich hätte Macht über Ihr Leben und Sterben. Sollte ich Ihr Leben verschonen, weil sie mir lebend mehr nutzen als tot? Sie könnten Glück haben, wenn es so ist, aber Sie können sich nicht sicher sein; was, wenn sich die Situation ändert? Was geschieht, wenn Sie für mich nicht mehr wertvoll sind?
Keine eitle Spekulation. Auf globaler Ebene fliessen lebensspendende Ressourcen jenen zu, die für die globale Wirtschaft wichtig sind. Diejenigen, deren Beitrag nicht in vermarktbare Produkte und Dienstleistungen umsetzbar sind, tun sich mit dem Überleben schwer. In konventionellen Wirtschaftsbegriffen gesehen, sind sie tatsächlich lebend nicht wertvoller als tot, und das betrifft immer mehr. Nur wenn wir sie aus nichtfinanzieller Perspektive betrachten, sind sie genauso viel wert wie alle anderen. Die Einzigartigkeit und Heiligkeit jedes Wesens geht verloren, wenn man es auf eine Zahlenkolonne reduziert.
Das ist auch die Logik eines Genres umweltfreundlicher Schriften, für die beispielhaft ein Titelzusatz in Scientific American steht: Fische ersparen der Welt milliardenschwere Schäden, indem sie Kohlendioxid in den Meeren speichern. Der Artikel beschreibt eine Studie, die zeigt, dass Hochseefische 74 bis 220 Milliarden Dollar an Klimawandelschäden pro Jahr verhindern. Das ist sehr viel mehr als der Wirtschaftswert der Fischereiindustrie. Darum, so schliesst der Aufsatz, sollten wir unsere Fischereirichtlinien ändern. Gut für die Fische, dass sie uns Geld sparen. Gut für die Arbeitnehmer, dass sie gesund profitabler sind als krank. Gut für die Honigbienen, dass sie wirtschaftlich so wertvolle Dienste leisten. Aber zu schade für alle anderen und alles andere, dessen Wert nach unserem Massstab niedriger angesetzt wurde.
Diese Haltung ist ganz klar Teil des Problems. Wir vermüllen die Meere genau jetzt, in diesem Moment, aus finanziellen Gründen. Ich habe keine Ahnung, wie viele Billionen Dollar wir im Zuge dessen machen, aber wenn ich von zehntausend Seehunden lese, die tot auf Kaliforniens Stränden angespült werden, oder Hunderten von gestrandeten Walen in Neuseeland oder Seevögeln, die an Plastik ersticken, oder schwindenden Korallenriffen, dann weiss ich, dass unabhängig davon, wie viel wir verdienen, es nie genug sein wird.
Wir müssen begreifen, dass manche Dinge nicht messbar, aber unbezahlbar sind. Das steht im Widerspruch zur herrschenden Ideologie unserer Zeit: Die Wissenschaft behauptet, dass nichts unmessbar sei; die Ökonomie behauptet, dass alles einen Preis habe. Daher haben wir (die vorherrschende Kultur) geglaubt, dass wir mit immer umfangreicheren und genaueren Zahlen als Grundlage für unsere Technologie die Welt bezwingen könnten, und dass wir mit der grösstmöglichen Ausdehnung der Märkte am effizientesten den grösstmöglichen Wohlstand produzieren würden.
«Wir müssen begreifen, dass manche Dinge nicht messbar, aber unbezahlbar sind.»
Charles Eisenstein
Wenn unsere Kontrolltechnologien mächtiger und präziser werden, warum scheint die Welt dann ausser Kontrolle zu geraten? Wenn das globale Sozialprodukt neue Rekordhöhen erreicht, warum erleben wir dann immer mehr Armut – eine Armut, von der selbst die finanziell Reichen nicht ausgenommen sind? Weil in unseren Berechnungen etwas fehlt: das schwer Messbare und das Unmessbare, wie beispielsweise Schönheit, Freude, Leid, Sinn, Schmerz, Heiligkeit, Erfüllung, Spiel.
lronischerweise nützt die Geisteshaltung des instrumentellen Nutzens, also die Beurteilung aller Dinge nach ihrem Nutzen für uns, nicht einmal uns selbst.
Wie viel müsste ich Ihnen für die Abholzung eines Waldes bezahlen, der Ihnen heilig ist? Kein Betrag wäre hoch genug, so wie Ihnen auch kein Betrag hoch genug wäre, als dass Sie Ihre Mutter oder Ihr Kind der Vernichtung übereignen. Wenn wir den Wert eines Waldes oder sonstigen Ökosystems in CO2-Sequestrierung übersetzen, besteht sein Wert nur in dieser einen endlichen Zahl.
Wenn politische Entscheidungen im Vertrauen auf Zahlen getroffen werden, besteht die Gefahr, dass die Zahlen nicht unparteiisch zustande kommen, sondern zugunsten der finanziellen Interessen von politisch einflussreichen Lobbys verzerrt sind.
Falsche Diskussion
Wir haben es in der Tat mit einer schweren Klimakrise zu tun. Dennoch ist die Erwärmung per se nicht die grösste Bedrohung. Die ist das, was wir Klima-Störung nennen könnten. Diese Störung wird primär durch die weltweite Zerstörung der Ökosysteme verursacht: durch das Trockenlegen von Feuchtgebieten, den Kahlschlag von Wäldern, den Ackerbau und die Bodenerosion, die Dezimierung der Fische, die Zerstörung von Habitaten zu Erschliessungszwecken, die chemische Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser, das Aufstauen von Flüssen, die Ausrottung von Raubtieren usw. Durch die Unterbrechung des Kohlenstoffkreislaufs, des Wasserkreislaufs und anderer bisweilen geheimnisvoller Prozesse des Gaia-Organismus wird die Widerstandsfähigkeit der Ökosphäre zerstört. Damit verliert sie die Fähigkeit, weitere von Menschen verursachte Treibhausgase zu verkraften. Das mag auf eine fortschreitende Klimaerwärmung hinauslaufen oder nicht, aber es wird definitiv zunehmend grössere Schwankungen nicht nur der Temperaturen, sondern auch – wichtiger noch – der Regenmenge bringen.
Das Problem in der Klimadebatte ist vor allem eine falsche Schwerpunktsetzung. Ob irgendwelche globalen Durchschnittstemperaturen ansteigen, ist nicht das Hauptproblem. Wir führen die falsche Diskussion. Die Klima-Störung wird weitergehen, auch wenn wir gar kein C02 mehr emittieren, und sie wird schweres Unheil über uns bringen, selbst wenn die Durchschnittstemperaturen konstant bleiben. Das ist so, weil die Erde ein lebendiger Körper und keine Maschine ist und weil wir ihre Gewebe und Organe zerstört haben.
Der Schutz und die Wiederherstellung von Boden, Wasser und Ökosystemen haben allerhöchste Priorität.
Die Institution Wissenschaft
In den letzten Jahren melden sich immer öfter Wissenschaftskritiker zu Wort: Sie machen auf schwere Fehler bei der Forschungsfinanzierung, in der Veröffentlichungspraxis und in der Forschung selbst aufmerksam. Manche sehen sich veranlasst, so weit zu gehen, den Bankrott der Wissenschaft zu erklären¹. Harold Varmus, ehemaliger Direktor der US-Gesundheitsbehörde NIH und Nobelpreisträger, beschreibt das so: Das System bevorzugt jene, die Resultate garantieren können, und nicht jene mit potenziell bahnbrechenden Ideen, die per Definition keinen Erfolg versprechen können. Junge Forscher werden nicht ermutigt, zu weit von ihrer Arbeit als Doktoranden abzuweichen, wo sie doch besser neue Fragen stellen und neue Herangehensweisen probieren sollten. Erfahrene Forscher bleiben lieber bei ihren altbewährten Erfolgsrezepten, als neue Gebiete auszukundschaften.
Auf den Websites der Skeptiker beklagen sich Klimaforscher, dass sie sich nicht trauen, Ergebnisse zu veröffentlichen, die der Lehrmeinung in der Klimawissenschaft widersprechen, weil sie nicht als Leugner stigmatisiert werden möchten. Professorinnen berichten davon, dass sie Studenten davon abraten, inkonsistente Daten zu untersuchen. Und man findet Anekdoten über namhafte Wissenschaftler, die Forschungsgelder und Stellen verloren haben, nachdem sie nur milde Kritik an den offiziellen Positionen geäussert hatten.
Die dissidente Klimawissenschaftlerin Judith Curry wirft Fragen über die Entstehungsweise des wissenschaftlichen Einvernehmens rund um den Klimawandel auf: Der verzerrte wissenschaftliche Konsens verstärkt sich selbst durch eine Reihe von professionellen Anreizen: Solche Resultate sind leichter zu veröffentlichen, besonders in einflussreichen Journalen. Man bekommt leichter Gelder dafür. Man erhält Anerkennung von den Fachkollegen in Form von Preisen, Unterstützung etc. Man bekommt mediale Aufmerksamkeit und erlangt grössere Bekanntheit für solche Forschung. Man befeuert damit die grob vereinfachende Vorstellung, dass die Wissenschaft die Welt retten kann. Und man wird von der hohen Politik zu Rate gezogen.
Rechte der Natur
Liebe ist die Revolution. Es geht nicht um intelligentere Bewertung und Nutzung der Natur; es geht um aufrichtigen Respekt für die Natur, und das kann nur erreicht werden, wenn man sie zur Gänze als Wesenheit anerkennt und sie heiligt. Wo ist das Heilige, wenn wir sie auf einen endlichen Wert reduzieren? Wir brauchen einen besseren, einen echteren Grund, wenn wir etwas für die Welt tun wollen. Wir brauchen eine Motivationsquelle, die sich nicht einmal begründen lässt.
Während ich dieses Buch schrieb, war ich versucht – und es ist mir geraten worden – zu vermeiden, Dinge wie Die Erde ist lebendig und empfindungsfähig zu sagen. Solche Äusserungen disqualifizieren mich in den Augen von Entscheidungsträgern, die rational formulierte Argumente benötigen. Können wir aber je rational einen Weg bis zur Liebe durchargumentieren? Das Wort rational ist in diesem Zusammenhang normalerweise ein anderes Wort für utilitaristisch. Seit wann ist Liebe rational? In Wahrheit lieben wir die Welt um ihrer selbst willen, nicht für das, was sie liefert.
Ich vermute, dass sich selbst der nüchternste Umweltschützer, der am lautesten die Leute verspottet, die die Erde als lebendig betrachten, im Geheimen nach dem Objekt seiner Verachtung sehnt. Tief innen glaubt auch er daran, dass der Planet und alles auf ihm lebendig und heilig ist. Er fürchtet sich, dieses Wissen anzurühren, obwohl es ihn so danach verlangt.
Diese Person bin auch ich. Die Vorstellung einer lebendigen, empfindungsfähigen Erde zieht mich an und stösst mich gleichzeitig ab, was die polarisierten Meinungen auf Konferenzen spiegelt, bei denen sich das technische und das spirituelle Lager gegenüberstehen. Anschuldigungen wie naiv!, schwachsinnig! und unwissenschaftlich! geistern durch meinen eigenen Kopf und sind Ausdruck einer inneren Verletzung. Vielleicht kann ich diesen Schmerz vorübergehend abmildern, wenn ich mich mit den Kritikern verbünde, die Kritik nach aussen richte und andere beschuldige, sie missachteten die Wissenschaft und liessen sich zu Gefühlsduseleien hinreissen. Es wäre jedoch ehrlicher, meine Irrationalität zu akzeptieren. Und es wäre auch für andere inspirierender, wenn ich in ihnen dieselbe Biophilie wecken könnte, die ich auch in mir trage.
Die Vorstellung, dass unser Planet lebt, und darüber hinaus, dass auch jeder Berg, jeder Fluss, jeder See und jeder Wald ein lebendiges, ja fühlendes, zielstrebiges, heiliges Wesen ist, ist keine rührselige emotionale Ablenkung von echten Umweltproblemen. Im Gegenteil. Sie veranlasst uns, mehr zu fühlen, uns mehr zu kümmern und mehr zu tun. Wir können uns nicht länger vor unserem Schmerz und unserer Liebe hinter einer Ideologie verstecken, die aus der Welt einfach einen Haufen Zeug macht, den wir für unsere Zwecke instrumentalisieren.
Da das instrumentelle Nutzendenken für die Weltzerstörungsmaschine von so grosser Bedeutung ist, muss die Umweltbewegung darauf achten, diese Geschichte mit ihren Argumenten nicht zu stärken. Sie muss von einer anderen Geschichte ausgehen, sie vorleben und verbreiten: einer Geschichte von Fürsorge, Schönheit und Liebe.
Wenn wir der nichtmenschlichen, materiellen Welt die Eigenschaft eines liebenswerten Wesens absprechen, machen wir es unmöglich, die Natur und die materielle Welt zu lieben. Wenn die Welt im Grunde aus einem Haufen gleichförmiger zweckfreier Partikel besteht, die von unpersönlichen, blindwütigen Kräften gesteuert werden, was gibt es da zu lieben? Ausdrücke wie natürliche Ressourcen und sogar die Umwelt fördern solcherlei weltanschauliche Abschottung. Teilnahmsvolle Liebe entsteht durch die Erkenntnis, dass Sie ein Jemand sind, genau wie ich.
Die wachsende Rights of Nature Bewegung für Rechte der Natur versucht zu erreichen, dass nicht-menschlichen Wesen ein Rechtsstatus zugestanden wird. Bisher haben Bolivien, Ecuador und Neuseeland diese Rechte in Gesetzen festgeschrieben. Polly Higgins, Anwältin für die Rechte der Erde, hat sich dafür eingesetzt, diese Rechte weltweit anzuwenden, indem Ökozid (Umweltzerstörung) neben Genozid, Kriegsverbrechen, Angriffskriegen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf die Liste der Verbrechen gegen den Frieden gesetzt wird und damit unter die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs gelangt.
Es gab einmal eine Wissenschaft, die das Konzept der Persönlichkeit von Natur lächerlich fand. Obwohl die Wissenschaft sich jetzt verändert, zum Beispiel erwägen immer mehr Biologen ernsthaft, dass es Pflanzenintelligenz geben könnte, würden sich auch heute noch viele fürchten, ihren seriösen Ruf zu gefährden, wenn wir sagten: Wen interessieren Kosten und Nutzen? Wir schützen den Wald einfach, weil wir ihn lieben. Wir schützen ihn, weil er so schön ist.
Regeneration
Regenerative Praktiken sind seit Kurzem ins Interesse gerückt, da durch sie schnell grosse Mengen Kohlenstoff gebunden und gespeichert werden können. Wie Sie bereits wissen, glaube ich, es wäre ein Fehler, Technologien aufgrund einer einzigen quantifizierbaren Eigenschaft wie Kohlenstoff zu bewerten; in diesem Fall aber entspricht Kohlenstoff dem Aufbau von Mutterboden. Mutterboden ist die Grundlage für das Leben an Land. Er ist eine lebendige Schicht auf der Oberfläche der Erde. Regenerative Bäuerinnen und Permakulturfarmer begreifen, dass es allen Wesen auf einem Hof, auch den Menschen, gut geht, wenn es dem Boden gut geht.
Regenerative Landwirtschaft ist ökologisch sinnvoll – egal ob man sie in Hinblick auf C02, auf den Wasserkreislauf oder auf die Biodiversität beurteilt. Sie ist auch vom Standpunkt der Nahrungsmittelproduktion her sinnvoll. Warum bleibt sie dann trotz steigender Popularität sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Forschung so wenig beachtet?
Weil sie unvereinbar mit eingeschliffenen Denkweisen, ökonomischen Institutionen und der wissenschaftlichen Praxis ist.
Was 1962 zuerst von Wirtschafts-Nobelpreisträger Amartya Sen festgestellt wurde, ist nun von zahlreichen Studien in vielen Ländern belegt. Die wohl am besten bekannte neuere Studie untersuchte kleine Farmen in der Türkei, wo es noch immer ein starkes Fundament traditioneller kleinbäuerlicher Landwirtschaft gibt. Die Kleinfarmen dort übertrafen Grossbetriebe um das Zwanzigfache, trotz (oder wegen?) ihrer zögerlicheren Akzeptanz moderner Methoden. Aber das Narrativ von der modernen Landwirtschaft als Welternährer ist so stark, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD feststellte, man müsse die Flächenzerstückelung aufhalten und das stark zerstückelte Land zusammenlegen; dies sei unabdingbar zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität in der Türkei.
Wenn es eine ernstzunehmende Genesung des Planeten geben soll, muss Unmögliches wie die Rückkehr von mehr Menschen zur Landwirtschaft möglich werden. Wir sprechen hier in der Tat von einer vollständigen Transformation der Gesellschaft.
Ja, wenn wir uns ernähren und zugleich auch das Land heilen wollen, würde das mehr Zeit pro Person für die Nahrungsmittelproduktion erfordern. Es könnte erfordern, überall Hausgärten zu unterhalten, und die Regierung müsste diese fördern. Vielleicht 10 bis 20% der Bevölkerung müssten in der Landwirtschaft tätig sein, nicht nur 4% oder gar nur 1%. Angesichts global wachsender Arbeitslosigkeit sollte das kein Problem darstellen.
Russland könnte ein Modell für zukunftsweisendes Vorgehen sein. 2003 machte Russland das Gesetz über den Privatbesitz von Gartengelände bekannt, das jeden Bürger zum Besitz eines steuerfreien Grundstücks als Garten oder zur Erholung berechtigte; es beschleunigte die dortige Datscha- und Ökodorf-Bewegung. 2016 lieferten kleine Flächen fast die Hälfte aller Nahrung in Russland. In vielen Industrieländern machen es Landwirtschaftsverordnungen, Bebauungspläne und Baugesetze schwer oder auch illegal, ökologischen Anbau zu betreiben, speziell für Kleinbauern.
Energie
Wir können den Himmel auf Erden haben, wenn wir nur aufwachen und erkennen, dass wir diese Wahl haben. Die ökologische Krise sollte ein Weckruf sein, keine Herausforderung, die es zu überwinden gilt, damit wir weiterhin auf dem aktuellen Kurs bleiben können.
Wie die ganze Klimadebatte lenkt die Energiediskussion die Aufmerksamkeit von grundlegenderen Problemen ab. Am entscheidendsten ist das, was beide Seiten unhinterfragt akzeptieren.
Die Geschichte vom Aufstieg stellt die Menschheitsgeschichte als stetig zunehmende Fähigkeit dar, das Chaos zu ordnen, den Zufall auszuschalten und das Wilde zu zähmen. Diese triumphale Geschichte findet in unserer Zeit ihr Ende; das versprochene technologische Paradies hat sich in eine Zukunft verschoben, an deren Eintreten wir mittlerweile nicht mehr glauben. Stattdessen verschlimmern sich die Bedingungen auf dem Planeten, und zwar so weit, dass viele um das überleben der Zivilisation insgesamt fürchten. Die Unterwerfung der Natur hat ihren einstigen heroischen, abenteuerlichen Glanz verloren. Mittlerweile lehnen viele von uns die blosse Idee ab. Unsere Vorstellungen vom Paradies sind nicht mehr von Kuppelstädten und Dienstrobotern bevölkert; stattdessen streben wir nach paradiesischer Harmonie zwischen Mensch und Natur.
Wenn wir von Dominanz zu Teilhabe übergehen, begreifen wir, dass wir das Leben verbessern können, indem wir mit natürlichen Prozessen mitgehen, statt sie zu überwinden. Der Energieaufwand, ein Landwirtschaftssystem zu betreiben, bei dem man Unkraut, Ungeziefer und Pilze bekämpfen und die Bodenchemie dauernd fest im Griff behalten muss, ist gewaltig. Es kostet viel Energie, ein Gesundheitssystem zu unterhalten, das darauf basiert, Keime abzutöten und physiologische Prozesse zu kontrollieren. Ein auf Kraft basierendes System bedarf eines hohen Energieaufwandes; das ist ein physikalisches Grundprinzip. Während so ein Ansatz in vielen Situationen wie beispielsweise bei einem akuten Trauma aussergewöhnlich wirkungsvoll ist, sind energie- und geldintensive Methoden ganzheitlichen Praktiken in den meisten Fällen weit unterlegen, wenn es um chronische Krankheiten geht.
«Die Unterwerfung der Natur hat ihren einstigen heroischen, abenteuerlichen Glanz verloren.»
Charles Eisenstein
Und was qualifiziert eine Methode als ganzheitlich? Wenn sie auf einem Wissen um die Vernetztheit von allem, die enge Verbundenheit von Ich und Welt beruht. Sie anerkennt eine alles durchdringende Intelligenz, die sich als Intelligenz des Körpers, des Mutterbodens, des Waldes, des Meeres und des Planeten manifestiert, mit der wir uns verbünden können.
Man braucht Energie, um Kraft anzuwenden. Die Energiekrise fordert uns dazu auf, einen weniger kraftintensiven Lebensstil zu wählen. Dass ein solcher als Einbusse von Lebensqualität gesehen wird, spiegelt die Vorurteile unserer Zeit wider.
Ähnliches geschah auf der ganzen Welt; Kleinstädte und Dörfer sind von einer Urbanisierungswelle leergefegt worden, die von der Entwicklungsideologie und -ökonomie erzeugt worden ist. Viele, die den amerikanischen Traum verwirklicht haben (eine schwindende Möglichkeit), wachen im amerikanischen Albtraum auf. Ich lebe in einem Land, in dem fast jeder Fünfte Psychopharmaka gegen Depression und Angstzustände einnimmt, wo sich Selbstmord und Sucht auf historischen Höchstständen befinden, wo jedes dritte Kind misshandelt wird, während die Hälfte aller Ehen in Scheidung enden. Dieses Elend überschreitet die Grenzen von Rasse und Klasse. Weder Privilegien noch Erfolg schützen davor.
Weil ihnen der Bankrott des Traums gewahr wird, kehren ihm viele Menschen im Westen den Rücken, manche bewusst, andere unbewusst (man könnte die Gelähmtheit aufgrund schwerer Depressionen oder die Flucht in die Sucht als unbewusste Verweigerung auslegen). Jene, die sich ihm bewusst verweigern, versuchen, anders zu leben; sie stecken ihre Hände wieder in die Erde; sie bilden Gemeinschaften; sie klinken sich aus den digitalen Medien aus; sie verkleinern ihr Heim und ihr Einkommen; sie möchten von Kulturen lernen, die sich eine andere Lebensweise erhalten haben. Der Grund für Entstädterung, Regionalisierung, Gesundschrumpfung, Umlernen, Rückkehr aufs Land und Leben in einer Gemeinschaft muss nicht die Reduzierung von Energiekonsum oder die Reduzierung von Treibhausgasen sein. Diese und andere daraus resultierende quantifizierbare Vorteile sind ein Mass für gesunde Entwicklung, nicht deren Kern.
Viele verstehen sehr gut, dass es völlig sinnlos ist, auf erneuerbare Energien umzusteigen, wenn gleichzeitig alles andere beim Alten bleiben soll.
Glyphosat
Glyphosat ist weltweit das am häufigsten verwendete Pestizid. Eine Studie des Schweizer Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV fand 2016 heraus, dass der Unkrautvernichter in 40% unserer Lebensmittel vorkommt. Vor allem in Teigwaren, Frühstückscerealien und Hülsenfrüchten. Obwohl Glyphosat laut der WHO «wahrscheinlich krebserregend» ist, wird es weiterhin legal eingesetzt.
Die Entscheidung für ein Mehr an Ganzheitlichkeit ist auch eine Entscheidung für ein Weniger an Pro-Kopf-Wohnfläche, Watt verbrauchter Energie, Flugkilometern, an Versicherungsansprüchen, ein Weniger am Ausmass des Welthandels, Stunden bezahlter professioneller Kinderbetreuung, der Menge verkaufter Fertiggerichte, dem jährlichen Gesamt-Holzeinschlag und so weiter. Falls wir nicht glauben, dass die Menschen in ihren überdimensionierten Einfamilienhäusern glücklicher sind als dazumal in kleinen Häuschen, falls wir nicht glauben, dass Kinder es lieber mögen, zu organisierten Aktivitäten durch die Gegend kutschiert zu werden, als wie früher draussen frei mit einem Rudel anderer Kinder zu spielen, falls wir nicht meinen, dass wir unsere engsten Freunde lieber mit dem Flugzeug als zu Fuss besuchen, kann unsere Entscheidung ein aktives Ja zu einer schöneren Welt sein, keine Kapitulation vor einer unerbittlichen Notwendigkeit.
«Viele verstehen sehr gut, dass es völlig sinnlos ist, auf erneuerbare Energien umzusteigen, wenn gleichzeitig alles andere beim Alten bleiben soll.»
Charles Eisenstein
Man kann die vor uns liegende Entscheidung auch als Übergang von quantitativen zu qualitativen Werten auffassen. Quantifizieren heisst meistern, heisst die unendliche Vielfältigkeit in der Welt auf normierte Einheiten reduzieren. Diese gedankliche Gefangennahme der Welt bereitet den Boden für ihre tatsächliche Gefangennahme. Unglücklicherweise wird der Kerkermeister wie in allen Gefängnisgesellschaften selbst zum Gefangenen. Und so sind wir im endlosen Streben nach mehr, mehr, mehr stecken geblieben.
In meinem Buch Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich habe ich geschrieben: Wie viel des Hässlichen braucht es, um das Fehlen des Schönen zu ersetzen? Wie viele Abenteuerfilme braucht es, um das Fehlen von Abenteuer zu kompensieren? Wie viele Filme mit Superhelden muss man sich anschauen, um die verkümmerte Verwirklichung der eigenen Grossartigkeit zu kompensieren? Wie viel Pornographie, um das Bedürfnis nach Intimität zu befriedigen? Wie viel Unterhaltung, um das fehlende Spiel zu ersetzen? Es braucht unendlich viel davon. Das ist eine Frohbotschaft für das Wirtschaftswachstum, aber eine Hiobsbotschaft für den Planeten. Zum Glück erlauben unser Planet und unser zerfetztes soziales Gewebe nicht, dass es noch viel länger so weitergeht. Wir haben das Zeitalter der künstlichen Knappheit fast hinter uns gebracht, wir müssen es nur noch schaffen, die Gewohnheiten aufzugeben, die uns noch an es binden.
«Heilung der Gesellschaft ist unverzichtbar für die Heilung der Natur.»
Charles Eisenstein
Übergang zur Fülle
Eine Zukunft mit erneuerbaren Energien ist in Reichweite, aber belasten wir sie nicht mit utopischen Erwartungen. Wir könnten vollständig auf erneuerbare Energien umrüsten und dann feststellen, dass diese keineswegs die Lösung für unsere Probleme waren. Den Treibstoff zu ändern wird nichts an den tieferen Ursachen menschlichen Leids und ökologischer Zerstörung in der Welt ändern. Die sogenannte grüne Energie könnte sogar die Umweltzerstörung beschleunigen, wie man im Falle grosser Wasserkraftwerke und industrieller Biotreibstoffe sehen kann. Wenn wir uns nicht anderen Dimensionen ökologischer Genesung zuwenden (Boden, Wasser, Artenvielfalt…) wird sich der Zustand der Biosphäre weiter verschlechtern. Und wenn wir nicht die Wurzeln des sozialen und psychologischen Leids behandeln, wird nachhaltige Energie lediglich nachhaltig weiteres Leid ermöglichen.
Was die Menschheit erschafft, hängt von den Visionen ab, die uns begeistern, und von den Geschichten, die unseren Handlungen Bedeutung verleihen. Die Debatte über die Machbarkeit diverser alternativer Energiestrategien engt das Gespräch zu sehr ein und basiert auf einer zu beschränkten Geschichte. Die Energiekrise und auch die mit ihr zusammenhängende ökologische Krise sind die Gelegenheit für uns, von Dominanz zu Teilhabe überzugehen. Energie wird dann zu einer Frage der Beziehung statt der Menge.»
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung vom Europa Verlag.
Charles Eisenstein
Klima
Eine neue Perspektive
Aus dem Englischen von Jürgen Hornschuh, Eike Richter und Nikola Winter
400 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag
13,7 × 21,7 cm
ISBN 978-3-95890-260-2
Europa Verlag 2019
Anmerkung
1 Kritikpunkte: Resultate können nicht reproduziert werden; ausserdem fehlt der Anreiz, überhaupt zu versuchen, Ergebnisse zu reproduzieren. Missbrauch von Statistik, zum Beispiel p-Hacking, dabei werden Daten durchforstet, um aus ihnen post hoc eine Hypothese für die Veröffentlichung zu extrahieren. Schwere Fehler im Peer-Review-System, zum Beispiel die tendenzielle Verstärkung bestehender Paradigmen und Unterdrückung dessen, was die Ansichten der Gutachter (deren Karrieren auf diese Ansichten gegründet sind) infrage stellt. Die Schwierigkeit, Geld für unorthodoxe Forschungshypothesen zu akquirieren. Eine systematische Bevorzugung von positiven gegenüber negativen Resultaten, und die Unterdrückung von Ergebnissen, die der Karriere eines Forschers nicht nützen.
Klimaforschung mit Diagrammen
In der Klimafrage liegen uns widersprüchliche Informationen vor. Nach der öffentlichen Meinung wird die Temperaturerhöhung durch den CO2-Anstieg in der Luft verursacht und ist menschengemacht. Das sei wissenschaftlich erwiesen, so wird es in den Medien täglich übertragen.
Auf der anderen Seite gibt es Wissenschaftler, die uns gegenteilige Fakten vorlegen. Die zuvor Genannten und Qinghua Ding von der University of California gehören dazu. Der Organismus Erde leidet demnach zu einem
kleinen Anteil am menschengemachten CO2-Anstieg. Vielmehr sei der achtlose Umgang mit der Gesamtheit der Natur problematisch. Der Bewusstseinswandel müsse dort ansetzen.
An was kann ich mich nun als Nicht-Naturwissenschaftler*in und Nicht-Klimatologe halten? Was sind die Ursachen für die Klimakrise?
Fragen zur Erde Gaia
Wer in der Klimafrage ganzheitliche und zukunftsfähige Informationen haben möchte, kann die Quelle direkt befragen. Wir nehmen Kontakt mit der geistigen Welt auf und fragen nach den Ursachen für die Klimaerwärmung.
Ist die klimatologische Entwicklung im interesse von Gaia?
Mit den Antworten können wir uns individuell aufstellen: Mit welchem Bewusstsein und Verhalten kann ich die Erde, ihre Biosphäre und damit mich und alle Lebewesen unterstützen?
Wir arbeiten daran, Mutter Erde als Wesenheit zu verstehen.
Was sind die Ursachen für die Klimaerwärmung
1 Orientation mentale OM
Ich möchte wissen, welche Ursachen zu wieviel Prozent zur Klimaerwärmung führen.
2 Convention mentale CM
Gedankliche Zeichenverabredung: Der Pendel wird über das Zentrum vom Diagramm Ursachen Klimawandel gehalten. Er zeigt die Ursache mit Strichschwingung an. Wenn der Strich stabil steht, bitten: «Weiter.» Der Pendel zeigt vielleicht weitere Ursachen an.
3 Mit geistiger Welt verbinden
Verbindungsaufbau mit der Pendelchoreografie: während dem Verbindsaufbau Strichschwingung, wenn die Verbindung steht Kreisschwingung.
Pendel und Diagramm aboden, Faden-/Kettenlänge bestimmen.
Diagramm laden: Pendel frei über dem Diagramm kreisen lassen, bis der Pendel stillsteht.
«Hat die geistige Welt die Absicht verstanden?» Ja/nein. Wenn «nein», die Schritte 1 – 4 wiederholen.
4 Interrogation mentale IM
«Welche Ursachen führen zur Klimaerwärmung auf der Erde?»
5 Absichtslose Testung
Pendel frei schwingen lassen. Im Sein sein. Gedankenloses Warten auf das Resultat, bis die Strichverbindung stabil steht.
6 Interpretation I
Was sagt die Strichschwingung aus?
Wenn mehrere Ursachen angezeigt werden, über dem Prozentdiagramm die Anteile muten.
Bedanken.
Redaktor Daniel Linder
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