Die Spuren der Seele in der Natur

Thunersee
Thunersee mit Niesen. Foto: Diane Canonica

Die Erde, unsere Urmutter, ist ohne Zweifel ein höchstes, bewusstes und gerechtes Wesen. Sie kann uns ihre Geschichte erzählen, wenn wir lernen oder uns wieder erinnern, ihre mysteriöse Sprache zu verstehen. Ihr wunderbares Wesen, das ihre schrecklichen Seiten nicht ausschliesst, lädt uns ein, sich in ihr widerzuspiegeln, wie das Licht der Sonne auf dem Wasser.

Wie fähig ist der Mensch zu lieben; dies kann man Anhand seiner Beziehung zur Mutter Erde betrachten. Die Macht des Menschen, seine Lebenswelt zu zerstören, ist exponentiell gewachsen. Nur durch den Gewinn eines neuen Paradigmas, in dem die innere Polarität der menschlichen Seele wieder ins Gleichgewicht gebracht wird, kann uns ermöglichen, dass es noch Leben auf der Erde geben wird. Dafür braucht es den Prozess einer kollektiven Selbstheilung.

Steine und Felsen – das Unvergessliche

Mutter Erde, Deine Steine und Felsen erzählen uns Deine Vergangenheit. Sie sind die Substanz, die Flamme, der ursprüngliche Atem und die Wirbel der verborgenen Urquelle. Sie sind Speicher des Geistes und der Seele. 

Wenn schon die Steine die Hüter der Geschichte sind und Metamorphose erleben, so sind auch unsere Knochen die Steine, welche unbewusst und schlafend die Fäden unseres Schicksals in sich tragen. Knochen gelten als Symbol der Kontinuität, für das was überdauert, was nach dem Tod bleibt. Unsere Gene tragen die gesamte ontologische und phylogenetische Entwicklung der Menschheit in sich. Alles ist in uns gespeichert und triggert das, was jetzt geschieht. Frei sind wir nicht, sondern wir verarbeiten immerwährend die Erfahrungen unserer Vergangenheit. Alle unverarbeiteten Traumata, die je geschehen sind, sind noch am Wirken und gespeichert in den Steinen. Auch sind in uns allen das wertvolle Wissen und die Weisheiten holographisch verankert. Nichts geht verloren. «Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese» schrieb Ernst Haeckel in Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen, 1874. 

Die gespeicherten Informationen ermöglichen uns die eigene kollektive, transgenerationale Geschichte in Erinnerung zu rufen. Die Aura der Erde trägt alles in sich, Gutes und Schlechtes und ihr Spiegelbild sind wir.

Die Seele und ihre Zyklen 

«Die menschliche Seele ist ein geordnet-ungeordnetes Konglomerat von Möglichkeiten, die einerseits nie aktiviert, andererseits von Ahnungen, Gefühlen und Vorstellungen über den eigenen Körper, über die eigenen Funktionen, über das eigene Wollen, über die eigenen Bewegungen im Lichte der Welt und in Verbindung mit dem Netzwerk des Weltlebens in Tätigkeit gesetzt werden. Die menschliche Seele ist einmal ein Verbindungsmaschenwerk, das fest verzweigt und verwoben, ein andermal kaum sichtbar, kaum fühlbar, wie die Verbindung der Ursprungswelle mit der Uferwelle sein kann…» Vera Strasser Psychologie der Zusammenhänge und Beziehungen, 1921.

Wenn man die Ursprungswelle der Natur betrachtet, die seit Äonen die Zyklen, von Geburt, Sterben und Wiedergeburt manifestiert, ist klar, dass wir auch die Natur sind. Geboren um zu sterben und wieder zu werden. Unsere Essenz, die Seele, bleibt und veredelt sich durch die Wandlungen in der Zeit, mit allem was manifestiert wurde. Sie ermöglicht die Metamorphose.

Wasser, Aufenthaltsort der Seele

Wasser ist nach alter Sage mit der Seele assoziiert. Der Begriff Seele stammt etymologisch aus dem alten Gotischen Saiwala. Diese ist einer Hypothese zufolge als die vom See stammende von dem ebenfalls urgermanischen saiwaz – See abgeleitet; der Zusammenhang soll darin bestehen, dass nach einem altgermanischen Glauben die Seelen der Menschen vor der Geburt und nach dem Tod in bestimmten Seen leben (Wikipedia). Es ist interessant, dass beim Fliessen von Tränen Emotionen empfunden werden. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass der Mensch sowie die Erdoberfläche hauptsächlich aus Wasser bestehen. Unser ganzes Wesen schwingt also bereits mit Wasser, es geht darum, es besser zu erkennen. Wenn eine Seele inkarniert, entwickelt sie sich im Wasser des mütterlichen Leibes. Wo es Wasser gibt, ist Leben, wo es Leben gibt, erstrahlt das Seelische.

In vielen Kulturen galten Quellen und Flüsse als heilig und wurden wie Götter verehrt. Das Wasser der heiligen Quellen ist nicht nur fähig, auf die Lebenskräfte des Menschen einzuwirken, es hat auch die Eigenschaft, die Seele und den geistigen Anteil zu stärken. Das Heilwasser wurde oft für die Augen verwendet. Es öffnet den Blick auf seelischer Ebene und ermöglicht Klarheit. Die Heilige Odilie heilte die Blinden mit dem Wasser einer Quelle am Odilienberg. Ihre vielen vergossenen Tränen sollen im Stein der Tränenkapelle gespeichert sein.

Wasser wurde in verschieden Kulturen als Symbol der Seele dargestellt. Laut der antiken Mythologie entstand die Nil-Flut durch die Tränen der Isis, welche die Attribute der Erlöserin, Heilerin und Schützerin hat. 

In Ägypten spielte das Nil-Wasser in verschiedenen Kulthandlungen eine zentrale Rolle. Das Waschen war nicht nur um Sauberkeit zu erreichen, sondern auch ein Entfernen von Schuld und Fehlern. Wasser klärt was nicht ursprünglich ist, ermöglicht frei zu sein, sich selber zu sein und führt zuletzt zur geistigen Erneuerung. 

Auch in Griechenland wurden Tempelstätten und Orte geheimer Kulte da errichtet, wo Quellen und Flüsse zu finden waren. Entsprechend der griechischen Mythologie stellt der Fluss Styx mit seiner verehrten gleichnamigen Flussgöttin die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich dar. Styx versinnlicht die Seelenreise nach dem Tod. Die Seelen der Verstorbenen gingen auf ihrer letzten Reise über den Unterweltfluss zurück.

Styx
Charon der Fährmann überquert den Styx: Gemälde von Joachim Patinir, 1480–1524. Foto: wikipedia.org

Zähmung der Natur

Die Angst vor dem Sterben ist die Quelle des Leidens der Menschheit. Solange der Mensch mit der Matrix der Erde verbunden war, gab es diese Angst nicht. Seine Seele ritt die Zyklen der Natur, er war verbunden mit ihr wie der Säugling mit seiner Mutter, die ihn schützt und nährt. 

Die Entwicklung des Ich-Bewusstseins und die Trennung von der Mutter bringt ein Trauma mit sich. Das Geistige wurde nun zelebriert, das irdische allmählich gezähmt, die weibliche Urkraft verbannt und von dieser neuen männlichen Macht kontrolliert. Die Intuition und die Stimme der Seele wurde nicht mehr geachtet. So entstand die Spaltung zwischen männlichen und weiblichen Kräften. Das mentale Prinzip übernahm die Macht über die Ur-Geschehnisse der Naturzyklen.

Die Macht einer egogetriebenen Zivilisation ergibt am Ende die Vernichtung der Natur und des Menschen. Anstatt sich von seiner Angst vor dem Sterben zu befreien, hat sich der Mensch auf seine eigene Vernichtung programmiert. 

Die Rückkehr zur Verehrung der Erde und der Seele muss geschehen, bevor es zu spät ist. Natürlich lieben wir die Natur, aber wir sind immer auf der Hut vor ihr, versuchen sie zu zähmen und manchmal sogar so sehr, dass wir unsere gemeinsame Zukunft gefährden.

Angst raubt Freiheit

Wir sind immer öfter und früher mit Stress und Belastungen konfrontiert. Wir leben in einer Welt, in der Zerstörung und Angst herrschen. Es ist ein Überlebenskampf geworden. Die aktuellen Ereignisse sind erschütternd. Die Medien schüren und verstärken die Angst und werden damit zum Mittel der Propaganda. Sie steuern eine Realität und helfen uns Menschen zu destabilisieren und zu kontrollieren.

Diese unbewusste Traumata-Energie ist gleichzusetzen mit keine Wahl haben. Ein Tunnelblick entsteht, das Handlungsvermögen wird eingeschränkt, die Energie fehlt, die Seele wird abgespalten. Geistig und seelisch geht die Kontrolle verloren. Die Pandemie hat das Potenzial gehabt, Stress und Schmerz auf subtile Weise im Nervensystem der Menschen für kommende Generationen zu verankern. Die persönlichen und kollektiven Traumata triggern zusätzlich die unbewusst verankerten Traumata von früheren Generationen.

Was traumatisch im aussen geschieht, erweckt Stress und Tumult im Ozean des kollektiven Unbewussten und im Bauch der Erde. Es entsteht Melancholie und eine tiefe Traurigkeit über die Unzulänglichkeit der Welt. Weltschmerz hat Hochkonjunktur, verbunden mit Pessimismus, Resignation und Realitätsflucht. Das Vertrauen in die Welt geht verloren. Die Angst raubt Freiheit und Kreativität. Haltgebende Strukturen fehlen. Man spürt eine drohende Gefahr, die jederzeit Realität werden könnte.

Transformation

Der Versuch, über die Natur und den Tod zu herrschen, ist überholt. Die Zyklen der Natur müssen akzeptiert und integriert werden. Damit können wir uns von einer Angst, die keine Grundlage hat, befreien. 

Die Arbeit besteht in der Transformation der Traumata. Das menschliche Bewusstsein hat zweierlei Polaritäten durchlebt: Das Erdbewusstsein der Mutter und das Autonomie-, das männliche Bewusstsein des Vaters, ohne dass das Weibliche und das Männliche in einem ausgewogenen Verhältnis zusammengekommen wäre. Der Krieg zwischen den Polaritäten muss in und um uns beendet werden, damit die Autonomie des männlichen Prinzips und die Empfänglichkeit des Weiblichen wieder im Gleichgewicht sind.

Antoine de Saint-Exupéry
«Hast Du Angst vor dem Tod», fragte der kleine Prinz die Blume: «Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt, so viel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben hat. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.» Antoine de Saint-Exupéry Foto: cleo7540

Sterben lernen

Die Vorstellung, dass ein Danach anders und besser sein kann, ist der Ausgangspunkt zur Resilienz. Wenn wir akzeptieren zu verlieren, loszulassen, aufzuhören, kann ein kraftvolles Ja zu einem neuen Leben in uns auftauchen. Wir stellen uns vor, dass unsere Realität sich von dem unterscheiden kann, was wir kennen.

Wir sterben jeden Abend, wenn wir einschlafen, begleitet vom Mond. Wir erleben die Erfahrung vom Loslassen. Jedesmal wenn etwas erledigt, vergangen, gebrochen ist, erleben wir den Tod. Er bedeutet Veränderung. Wir sterben oftmals in einer virtuellen Art. Die Fantasien kreieren ein Feld, das schlussendlich auf unseren gesamten Organismus wirkt. Ein neurologisches Phänomen, das uns prägt. Sterben ist eine Verbindung zur Natur, zur Grossen Göttin und den weiblichen Aspekten in uns. Der Tod ist ein Symbol für Entwicklung und einen neuen Anfang.

Die Annäherung an das Thema Sterben wird in der westlichen Gesellschaft tabuisiert und verdrängt. Die Ängste bleiben unverarbeitet und wirken bei jeder Berührung mit dem Tod und anderen Verlusten weiter. Kinder lernen aus der Beobachtung ihrer Umwelt. Sie speichern alles, was mit den Sinnen möglich ist, auch die neurotischen Verhaltensmuster von Familie, Gesellschaft und den Medien. Leider haben sie oft kein besseres Modell. Ihre angelernten tiefsitzenden Ängste werden unverarbeitet gespeichert, verdrängt und wirken als Katalysator für die Zukunft. 

Die innere Einstellung gegenüber dem Tod ist der Schlüssel zur Verarbeitung der Ängste. 

Buddhisten sind von einer seelischen Wiedergeburt überzeugt, der Tod verliert für sie viel von seinem Schrecken: Er stellt einen Übergang und nicht ein Ende dar. Ein Buddhist bereitet sich das ganze Leben auf einen guten Tod vor: Durch ein Leben voller Mitgefühl, durch Meditation und durch Einüben der richtigen Einstellung zum Leben.

Ein Rinpoche beschreibt, dass der Dalai Lama sich jeden Morgen einer Übung in der Betrachtung seines eigenen Todes widmet.

Diane Canonica: Die innere Einstellung gegenüber dem Tod ist der Schlüssel zur Verarbeitung der Ängste. Foto: C. Ruchti

Die neue Welt

Eine glückliche und gesunde Natur ist für uns Menschen überlebensnotwendig. Menschen, die im Einklang mit der Natur in einer natürlichen Umwelt leben, die Natur würdigen und ihre Augen für all ihre Schätze offenhalten, sind gesund und glücklich. 

Durch einfache Massnahmen kann jeder etwas beitragen. Zum Beispiel das Konsumverhalten ändern, Aufenthalte in der näheren Umgebung planen, eine biologische Ernährung von einer nicht belastenden Agrikultur wählen, das Lebenselixier Wasser retten, bevor es zu spät ist, mit Liebe und Feingefühl der Natur begegnen, sie als unsere Ernährerin betrachten, Freude, Demut und Dankbarkeit gegenüber ihrem Wesen ausdrücken. Eine Kommunikation mit Mutter Erde durch Rituale erzeugt eine seelische Verbindung, die allen gut tut. 

Den wahren Sinn seines Lebens bis zur spirituellen Entfaltung erforschen, durch lieben des Lebens und allem was ist. Leben in den Zyklen der Natur bringt die Urordnung zurück in uns und erzeugt ein tiefes Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. 

Ich lade uns ein, sich von allem zu befreien, das uns hindert mehr Liebe unter uns zu leben. Wenn wir uns befreien, öffnen wir den neuen Weg für die neue Welt.

SoulCare

SoulCare ist eine Initiative vom EAS – European Association for Holistic Spacial-Culture e. V. – Europäischer Verband für ganzheitliche Raumkultur.

SoulCare lädt Dich ein, unsere Seelenräume und Seelenverbindungen zu ergründen und spüren. Ein tiefes Erkennen unserer schöpferischen Fähigkeiten und Macht, die Lebensräume neu zu gestalten, kann entstehen.
SoulCare findet jeden ersten Mittwoch im Monat online statt und ist für alle Menschen kostenlos zugänglich. Für Fragen und den Zugang zum Online-Treffen bitte Diane Canonica kontaktieren soulcare@eas-ev.eu

Praxis-Tipp von Diane Canonica

Durch ein Bewusstsein von eigener Macht und eigenem Willen erhalte ich die Möglichkeit etwas in meiner Welt zu ändern: Belastende oder negative Gefühle, Gedanken und Beschwerden beispielsweise mit dem Ausatmen lösen. Beim Einatmen die neue Verbindung zu seiner Seele, zu den weiblichen schöpferischen Seiten von Liebe und Mitgefühl in sich aufnehmen. Eine bessere Welt träumen und daraus Schritte in diese neue Richtung unternehmen. Wenn jeder von uns kleine herzvolle Schritte wagt, erreichen wir zusammen Grosses.

Autor

Diane Canonica
CH-3600 Thun
diane.canonica@bluewin.ch
dianecanonica.ch
MSc Psychologie, Dipl. Komplementärtherapeutin Kinesiologie, Praxis für Psychologie & Kinesiologie,
Leiterin der Initiative SoulCare beim EAS eas-ev.eu

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