Messungen von Mobilfunkanlagen

Massive-MIMO Mobilfunk Messung
5G Mobilfunk Breitbandmessung mit Hoch-/Tiefpass Filter: Die rote Linie zeigt den CH-Anlagegrenzwert. Grafik: Urs Raschle

Die Behörden verwenden Modellberechnungen, um die Einhaltung der gelockerten Schweizer Anlagengrenzwerte AGW zu überprüfen. Doch ein längerfristiger und möglicherweise starker Einfluss auf unser Leben bedarf zwingend Überprüfungen der realen Intensität. Eine Kontrollmessung ist bei den neuen Massive-MIMO-Antennen fast nicht möglich, da die Intensitätsschwankungen durch das Beamforming zu gross sind. Die Nichtüberprüfbarkeit der Strahlenbelastung in unseren Lebensräumen stösst bei der Bevölkerung wie bei Technikern auf Skepsis und Ablehnung. 

Beamforming

Wir unterscheiden zwei Arten von 5G-Netzen. Auf dem einen Netz wird in den unteren Frequenzen von 700 MHz – 2600 MHz gesendet. Genutzt wird das für den Download und den Upload von verschiedenen, nahe beieinander stehenden Frequenzbändern. Das andere 5G-Netz arbeitet im oberen Frequenzband, bei 3300 MHz – 3800 MHz. Es sendet und empfängt die Signale auf einem Frequenzblock (TDD-Verfahren). In diesem oberen Frequenzband werden Antennen mit Massiv-MIMO, dem sogenannten Beamforming eingesetzt. Beamforming bedeutet, dass die Antennen das aussendende Signal stärker bündeln, um damit eine grössere Reichweite erzeugen zu können. Das führt punktuell zu höheren Strahlungsintensitäten.

Bislang konnte bei den Messungen von einem meist stabilen Signal ausgegangen werden. Abnahme- und Kontrollmessungen konnten für sämtlich Funkdienste, etwa 2G bis 4G, DAB, UKW oder Radar an den Messorten genau durchgeführt werden. Beim Einsatz von 5G Mobilfunkantennen mit Massive-MIMO-Antennen hingegen werden der Messtechnik nun Grenzen aufgezwungen. 

Der Daten-Beam (Beam – englisch für Strahl) hat einen Durchmesser von 15 – 50 m, je nach Abstand zur Antenne. Er wird nur in dem Moment erzeugt, wenn Daten von einem User bezogen werden oder wenn telefoniert wird. Die grösste Intensität an einem Messort kann nur dann ermittelt werden, wenn der Beam den Messort direkt trifft. Da zum Zeitpunkt der Messung nicht bekannt ist, wann am Messort starke Strahlung entsteht, ist eine Abnahme- oder Kontrollmessung fast nicht möglich. 

Bisherige Messverfahren versagen

Die neuen Massive-MIMO-Antennen werden ohne unseren Wunsch aufgestellt und von den Behörden legitimiert. Wie können die Betreiber und die Behörden kontrolliert werden? Wie können wir die Strahlungsintensität in unseren Wohnungen oder in Schulen und Kindergärten überprüfen?

Die Mobilfunkanbieter und die Behörden machen ihre Berechnungen aufgrund von teilweise fiktiven Daten der Mobilfunkhersteller. Das ist nach unserer Ansicht keine Immissionsmessung der effektiven Belastung und keine Überprüfung der Strahlungsintensität.

Neues Messverfahren für 5G-Massive-MIMO-Antennen

Der Ruf nach aussagekräftiger Messtechnik hat uns auch aus dem Ausland erreicht. In Zusammenarbeit mit führenden Messtechnikern haben wir ein Konzept erarbeitet, mit dem die Strahlungen der Massive-MIMO-Antennen erfasst werden können. Dieses neue Messverfahren verbindet eine frequenzselektive Messung mit einer Langzeitmessung. Somit sind wir in der Lage, eine genaue Aussage über die tatsächlichen Immissionen am Ort der Messung zu machen, ohne auf die Daten der Mobilfunkanbieter zurückgreifen zu müssen.

Eine 2G- bis 5G-Mobilfunk Messung kostet je nach Standort und Dauer der Messung gegen zweitausend Franken oder mehr.

Stellungnahme BAFU

Der vom Bundesamt für Umwelt BAFU lange vorher angekündigte Monitoringbericht über die Strahlenbelastung in der Schweiz wurde am 15. Juni 2022 veröffentlicht. Die Autoren schreiben, es sei noch nicht möglich, allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen.
Der Bericht befasst sich nicht mit der tatsächlichen Exposition von Schulkindern. Das ist angesichts der bekannten Anfälligkeit dieser Personengruppe auf die Folgen der Strahlung besonders beunruhigend. Adresse für Rückfragen mediendienst@bafu.admin.ch

Keine Mobilfunkantenne für Bundesrat Berset

In einem Schreiben, das von Bundesrat Alain Berset unterzeichnet wurde, steht: «Elektromagnetische Wellen technologischer Herkunft, insbesondere jene, die von der Mobilfunktechnologie ausgehen, haben schädliche Auswirkungen auf Mensch und Tier.» 2018 erreichte Berset und seine Familie mit dem Schreiben den Stopp einer geplanten Swisscom-Antenne, 180 m von seinem Haus in Belfaux FR entfernt. Laut seinem Bundesamt für
Gesundheit BAG sind die in der Schweiz geltenden Höchstwerte unproblematisch. 

Mobilfunk-Diskussion – Risiken und Perspektiven 

(Online-)Tagung 14. bis 16. Oktober 2022. Das Tagungsprogramm bietet einen Überblick zum Stand der 5G / Mobilfunk-Diskussion. Die soeben abgeschlossene Pionierstudie ATHEM 3 wird vorgestellt, gefolgt von Vorträgen zu den Themenbereichen Umwelt und Mensch, Wissenschaftspolitische und gesellschaftliche Herausforderungen und der Podiumsdiskussion Perspektiven mit Vertretern aus Politik und öffentlichem Leben. Veranstaltungsort: Goethe-Museum Düsseldorf mit Live-Übertragung im Internet. Anmeldung: kompetenzinitiative.com/duesseldorf-2022

Autor

Urs Raschle
CH-9113 Degersheim SG
mail@urs-raschle.ch
urs-raschle.ch
Elektrobiologe EMV, Messtechniker Elektrosmog, Fachreferent Bildungszentrum Baubiologie und Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Biologische Elektrotechnik SABE

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