Perlen aus dem Archiv – Mesmerismus

Mesmerismus Homöopathie
Franz Anton Mesmer (1734–1815): Am Höhepunkt seiner Karriere standen vor seiner Wohnung und Praxis in Paris von früh bis spät die Kutschen des französischen Adels. Foto: Internet

Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Behandlungsmethode Franz Anton Mesmers, der sogenannte Mesmerismus, sehr verbreitet. Mesmer therapierte zuerst mit einem Magneten und wollte durch Striche über dem Patienten und durch Berührung ein heilendes Fluidum übertragen.

Im eigentlichen Mesmerismus wurde bald ohne Magnet behandelt. Das Auflegen der Hände und die sogenannten magnetischen Striche dienten der Übertragung eines heilenden Fluidums. Samuel Hahnemann erwähnte den Mesmerismus 1779 in seiner Dissertation in Erlangen. Vermutlich hat er den Mesmerismus schon während seines Aufenthaltes in Wien kennengelernt. 1805 erschien in Hufelands Journal der practischen Arzneykunde und Wunderarzneykunst Hahnemanns Aufsatz Heilkunde der Erfahrung. Dieser Aufsatz ist als Vorläufer seines Organons anzusehen. Hahnemann stellt eine Analogie zwischen seinen kleinen Arzneigaben und dem Mesmerismus dar. Er sieht die Wirkungsweise dynamisch und geistartig. In den ersten beiden Auflagen seines Organon ist der tierische Magnetismus unter den Anmerkungen zu finden. 

Vollkommenste Art der Heilung

1824 räumt Hahnemann in der dritten Auflage des Organon zwei Paragraphen für den Mesmerismus ein. Weiter wird hier erwähnt, dass der Mesmerismus teils homöopathisch wirke: «Durch Erregung ähnlicher Symptome, als der zu heilende Krankheitszustand enthält.»¹ In der sechsten Organonauflage streicht er die homöopathische Wirkung des Mesmerismus wieder. Der Mesmerismus ist für ihn in der 6. Auflage nicht einfach nur ein Teil seines homöopathischen Heilsystems, sondern er steht gleichberechtigt neben der Homöopathie. Der Mesmerismus ist bei Hahnemann das einzige nichthomöopathische Heilverfahren, welches er im Organon darstellt. Die Kombination zwischen Mesmerismus und Homöopathie wird von ihm zustimmend bejaht. 

Manche Homöopathen versuchten damals den Mesmerismus durch Prüfung am Gesunden in die Homöopathie einzugliedern. Heinz Eppenich publizierte in der Zeitschrift für Klassische Homöopathie einen Artikel mit dem Titel Samuel Hahnemann und die Beziehung zwischen Homöopathie und Mesmerismus (KH 38, 1994, 153–160). Anhand einer bisher unveröffentlichten Hahnemannhandschrift weist er nach, dass Hahnemann den Mesmerismus als gleichberechtigte Behandlungsmethode neben die Homöopathie stellte. Für Hahnemann war die Kombination beider Heilmethoden die vollkommenste Art der Heilung. Hahnemann empfiehlt auf diesem Zettel ein Buch von J. J. A. Ricard über den Mesmerismus. In diesem Werk sieht er die bisher beste Anleitung zur mesmeristischen Praxis. Als Veröffentlichungsdatum des in Paris erschienenen Werkes gibt er 1842 an. So kann er die von Eppenich angeführte Notiz erst im Vorjahr seines Todes gemacht haben. 

Sexualenergie und Lebenskraft

Hahnemann wandte den Mesmerismus selbst an. So berichtet Arthur Lutze: «Merkwürdig ist es, dass diese langen Stärkungs- oder Beruhigungsstriche vom Scheitel bis zu den Zehen, auch Positive genannt, die Heilkräftigkeit der homöopathischen Mittel stärken oder von Neuem erwecken. Dies hat unser Meister Hahnemann schon beobachtet und er versäumte nie, in gefährlichen Fällen einige magnetische Striche zu machen, was mir mehrere Patienten in Cöthen erzählt haben.»² In Bezug zur Kombination von Mesmerismus und Homöopathie wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass die fehlende Empfänglichkeit für homöopathische Arzneien durch einige mesmerische Striche beim Patienten wiederhergestellt werden könne. In den Paragraphen 288 bis 290 des Organon geht Hahnemann genauer auf den Mesmerismus ein. Er charakterisiert die idealen Eigenschaften eines Mesmerisierers. Dieser soll gesund und stark sein. Es sei hier eine Stelle aus dem Organon wiedergegeben: «Vorzüglich eines solchen, wie es deren unter den Menschen nur wenige giebt, welcher bei grosser Gutmüthigkeit und vollständiger Körperkraft, einen sehr geringen, oder gar keinen Begattungs-Trieb besitzt, bei welchem also die, bei allen Menschen auf Bereitung des Samens zu verwendenden, feinen Lebens-Geister in Menge vorhanden und bereit sind, sich durch willenskräftige Berührung andern Personen mitzutheilen. Einige dergleichen heilkräftige Mesmerirer, die ich kennen lernte, besassen alle diese besonderen Eigenschaften.»³ Man könnte hier von einer Art umgewandelter Sexualenergie oder Schöpfungskraft im Menschen sprechen. Beispielsweise werden in manchen Yogasystemen bewusst Übungen zur Transformation der Sexualkraft durchgeführt. Die Ausübung des Mesmerismus beruht nach Hahnemann auf der dynamischen Einströmung von Lebenskraft in den Leidenden. Diese Kraft wirkt auf verschiedene Weise: «Indem sie in dem Kranken teils die hie und da in seinem Organismus mangelnde Lebenskraft ersetzt, teils die in anderen Stellen allzusehr angehäufte und unnennbare Nervenleiden erregende und unterhaltende Lebenskraft ableitet, mindert und gleicher verteilt und überhaupt die krankhafte Verstimmung des Lebensprinzips der Kranken auslöscht und mit der normalen des auf ihn kräftig einwirkenden Mesmerirers ersetzt.» 

«Die Ausübung des Mesmerismus beruht auf der dynamischen Einströmung von Lebenskraft in den
Leidenden.»
Samuel Hahnemann

Die Hahnemann-Tochter Eleonore Wolff beschrieb in einer Publikation die Technik des Mesmerisierens. Neben den Bädern und Wasseranwendungen war der Mesmerismus die einzige Heilanwendung, die Hahnemann neben den homöopathischen Heilmitteln noch duldete, weil ihm sowohl die Homöopathie als auch der Mesmerismus eine Beeinflussung der verstimmten Lebenskraft gestattete. 

Potenzierung – dynamische Kräfte der Arznei

Über den Vorgang der Potenzierung äusserte sich Hahnemann folgendermassen: «So tot sie (die Arzneistoffe) uns erscheinen, wenn sie bloss roh und massiv da vor uns liegen, so gewiss ist dies doch nur ein Scheintod. Die da auf meiner Hand liegende, tot erscheinende Arzneisubstanz besteht demnach aus nichts anderem als aus konkreter reiner Kraft in einem gebundenen (latenten), gleichsam erstarrten Zustande, bis sie zur Ausübung dieser ihrer Kraft gelangt, bis ihr inneres Geistig-Dynamisches durch Hilfe menschlicher Kunst entfaltet, entwickelt und in diesem neuen, ihrer Bestimmung angemessenen Zustande zur Wirkung gebracht und zu ihrem eigenen Zwecke angewendet wird.»

Bei der Potenzierung der homöopathischen Arznei wird die Arzneisubstanz geopfert (Whitmont), das heisst die homöopathischen Arzneimittel haben durch die Potenzierung ihre materiellen Leiber abgelegt und es kam zur Befreiung einer dynamischen Qualität. Nach Westlake beruht die Wirkung eines homöopathischen Arzneimittels vor allem auf der spezifischen Vital-Essenz der Vis Medicatrix jedes einzelnen Heilmittels. Durch die Potenzierung kam es zu einer Befreiung vom materiellen Anteil. Die homöopathische Arznei ist eine dynamische Arznei und wirkt auch auf der dynamischen Ebene des Menschen.

Für Hahnemann war die Krankheit dynamischer Natur, eine Verstimmung der Lebenskraft und demgemäss sollte sie auch mit dynamischen Mitteln behandelt werden. Durch die Potenzierung wird die Ursubstanz der Arznei in eine verfeinerte Energie umgewandelt: Potenzierung gleich Erhöhung der Schwingungen! Wenn nach dem Ähnlichkeitsgesetz eine homöopathische Arznei gefunden wird, so geht es um die richtige Wahl der Potenz des Mittels. Im Idealfall sollte eine Übereinstimnnmg zwischen der Schwingung des Arzneimittels und der vitalen Schwingung des Patienten bestehen. Wird die Arznei eingenommen, so soll die Dynamisation beim Patienten ein Resonanzphänomen auslösen. Es gibt sogar Substanzen, die im Rohzustand inaktiv sind und durch den Vorgang der Potenzierung plötzlich therapeutisch wirksam werden. Über die Potenzwahl schreibt Dr. Adolf Voegeli: «Die Erfahrung zeigt, dass die tiefen Potenzen mehr auf den Zellchemismus wirken, die mittleren auf die Lebens- und Sinneskräfte, die Hochpotenzen aber vor allem auf das Seelenleben.»

Der homöopathische Arzt Dr. Walther Kröner schreibt über die Wirkung der potenzierten Arznei: «Geben wir nun in einem Krankheitsfall die arkanisch aufgeschlossene Arznei, verleiben die Quintessenz ein, so wirkt Grundqualität auf Grundqualität, Magisches auf Magisches, Arznei-Entelechie auf gestörte Seins-Entelechie.»

Hochpotenz und Seelenduft

Der Arzneikörper wird durch die Potenzierung immer mehr zum Verschwinden gebracht, aber die Quinta Essentia, die Arzneikörper-Entelechie bleibt am Lösungsmittel haften. Das Lösungsmittel wird zum Informationsträger. Edwin Blos weist in seinem Buch Die Medizin am Scheidewege darauf hin, dass wir seit Hahnemann zwischen einer allopathischen und einer homöopathischen Medizin, zwischen einer Medizin der Stoffarzneien und einer Medizin der Kraftarzneien unterscheiden. Der Arzt und Theosoph  Dr. Franz Hartmann meinte sogar, dass die höheren Potenzen in der Homöopathie auf den Astral- und den Mentalkörper wirken. Auch Jakob Lorber vertrat die Ansicht, dass die homöopathischen Arzneien zuerst auf den seelischen Bereich des Menschen einwirken. G. W. Surya schreibt folgendes über die Hochpotenzwirkung und die Forschungen Gustav Jägers: «Prof. Jäger dürfte schon recht haben: In den Hochpotenzen tritt uns der Seelenduft der betreffenden Arznei entgegen. Oder mit anderen Worten: Die seelischen (astralen) Kräfte sind in der Hochpotenz entfesselt. Daher sagen die Okkultisten: Die Hochpotenzen der Homöopathie  wirken  nicht  direkt  auf  den physischen Leib des Menschen ein, sondern nur auf den Astralleib und durch diesen erst auf den grobstofflichen Körper!» Die Potenz der homöopathischen Arznei ist nicht mit der Substanz der Arznei zu verwechseln. 

«Die Potenz der homöopathischen Arznei ist nicht mit der Substanz der Arznei zu verwechseln.»
Olaf Räderer

General Korsakoff behauptete sogar, er könne mit einem einzelnen Kügelchen Sulfur C30 13.500 Globuli so affizieren, dass sie die Schwefelwirkung in sich trügen. Dr. Adolf Voegeli: «Diese Angabe Korsakoffs habe ich nachgeprüft und kann sie bestätigen. Reine Zuckerkügelchen in der Nähe einer Potenz aufbewahrt, sogar mit ihr zusammen in der gleichen Tasche getragen – also ohne innigen Kontakt, nehmen bis zu einem gewissen Grade die Energie der Potenz auf und können bei empfindlichen Personen typische Reaktionen hervorrufen. Auf dem Kongress 1951 in Lausanne haben mehrere englische Kollegen auf diese Induktion der Zuckerkügelchen hingewiesen und diese Beobachtungen ebenfalls bestätigt. Diese Behauptung bezweifelte aber Hahnemann in einem Brief an Korsakoff, indem er ihm Mässigung empfahl.»

Hahnemann verwendete meistens die C 30. Versuche mit dem Riechen an der Arznei überzeugten ihn davon, dass das Arzneimittel gar nicht eingenommen werden muss. Er erzielte deutliche Erfolge durch das Riechen an der Arznei.

Odlehre und Homöopathie

Von manchen Forschern wurde die Wirkkraft der homöopathischen Mittel mit der Odkraft des Freiherrn von Reichenbach in Verbindung gebracht. Nach Herbert Fritsche senden homöopathische Hochpotenzen keinen Wirkstoff sondern Wirkwogen magischer Art in den Organismus des Patienten. Od bezeichnet eine alles durchdringende Emanation, eine Lebenskraft, die mit dem Prana der östlichen Tradition verglichen werden könnte.

Od Ollere Reichenbach Mesmerismus Homöopathie
Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach (1788–1869) postulierte die alles durchdringende Lebenskraft Od: «Durch den Vorgang des Reibens und Schüttelns wird Od freigemacht.»
Litho­graphie von Rudolf Hoffmann, 1856. Foto: wikipedia.org

Carl Ludwig Freiherr von Reichenbach (1788–1869) prägte diesen Begriff im Jahre 1852. Er machte viele Versuche mit Sensitiven. Diese konnten das von Menschen, Tieren, Pflanzen, Magneten, Metallen und Kristallen ausgestrahlte Od als leuchtende Strahlung, mitunter auch farbig, wahrnehmen. Das Od dürfte auch mit dem animalischen Magnetismus Franz Anton Mesmers identisch sein. Der Okkultforscher Dr. Fritz Quade versucht in seiner Odlehre Odik die Wirkung homöopathischer Mittel auf der Ebene der odischen Natur darzustellen. Es sei hier ein Ausschnitt aus seinem Werk zitiert: «Odische Schwingungen, die den Ätherleib beeinflussen, können ausser durch psychische Vorgänge durch physikalische Einwirkungen hervorgerufen werden, durch verschiedenfarbiges Licht, durch harmonische Klänge, durch die von chemischen Stoffen ausgehenden Odschwingungen. Mit letzterem Mittel arbeitet die Homöopathie. Die höheren Potenzen der homöopathischen Mittel dürften nur noch Träger der von dem Originalmittel erzeugten odischen Schwingungen sein, die in einem bestimmten Verwandtschafts- oder Harmonieverhältnis zu den Schwingungen des Ätherleibes von Mensch und Tier stehen.»¹⁰ 

Der homöopathische Arzt Dr. Kirn wies in einem Aufsatz in der Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Ärzte auf die engen Verbindungen zwischen Homöopathie und Odlehre hin. Unter anderem erwähnt er, dass der sensitive Patient im Sinne Reichenbachs eher mit Hochpotenzen behandelt werden muss. Am Schluss seiner Ausführungen scheibt Dr. Kirn: «Gross wahrlich ist der Fortschritt, den die Heilkunst dem Ähnlichkeitsgesetz und der Potenzierung verdankt, aber noch vollkommener dürfte er werden durch eine Verbindung der Ideenkreise der beiden viel verkannten Forscher Hahnemann und Reichenbach.»¹¹ 

A. von Gerhardt weist in seinem Handbuch der Homöopathie auf die Beziehungen zwischen Odlehre und Homöopathie hin. Nach Reichenbach wird durch den Vorgang des Reibens und Schüttelns Od freigemacht. Dies kann auch mit dem Potenzierungsvorgang in der Homöopathie in Verbindung gesetzt werden. Paracelsus betrachtete den Arzneikörper nur als die äussere Hülle oder als Gewand des eigentlichen immateriellen Arcanums. William Maxwell schrieb in seiner Schrift De medicina magnetica (Frankfurt 1679, Buch II, Aph. 7): «Wenn du Grosses wirken willst, so entkleide die Dinge soviel als möglich ihrer Körperlichkeit.»¹²

Hahnemann-Kur im Gewande Mesmers

Der Mesmerismus selbst wirkt im Sinne des Simile. Der Mensch wird zum Heilmittel des Menschen – similia similibus. In der einfachsten Form des Mesmerismus überträgt der Heiler etwas vom Überschuss seiner Lebenskraft auf den Kranken. In höheren und somit homöopathischeren Formen des Mesmerismus ist der Heiler selbst ein Leidender – ein kosmopathischer Mensch (Graf Hermann von Keyserling).

«Der Heiler überträgt etwas vom Überschuss seiner Lebenskraft auf den Kranken».
Olaf Räderer

Die einfache Form des Mesmerismus ähnelt vielleicht noch mehr dem allopathischen Prinzip. Über die tiefe Homöopathizität des Mesmerismus schreibt Herbert Fritsche in seiner Erhöhung der Schlange: «Ein seine Kunst beherrschender Magnetiseur spürt sehr schnell, nachdem er seine Hände auf den Kranken wirken lässt, dass auch der Kranke auf ihn wirkt: Er bekommt dessen Symptome in Form subjektiver Wahrnehmungen. In Wahrheit macht der Magnetiseur seinen Organismus, ihn odisch infizierend, flüchtig krank: Und zwar auf die für seinen Kranken, der ihn odisch infiziert, individualspezifische Weise, so dass der Magnetiseur die Symptomengesamtheit seines Patienten übernimmt. Sie wird in ihm ätherisiert, wird zur homöopathischen Potenz – und als eine solche gelangt sie, similia similibus, durch die weiteren mesmerischen Manipulationen in den Organismus des Behandelten. Eine Hahnemann-Kur im Gewande Mesmers!¹³

Unbewusster Mesmerismus

Nicht jeder Heiler ist für jeden Patienten geeignet, so muss auch hier eine Wesens-homöopathizität mitwirken. Viele erfolgreiche Mesmeristen waren und sind nach Herbert Fritsche Problematiker, fragwürdige Gestalten und toxische Similia ihrer Patienten. 

Erstverschlimmerungen, wie wir sie aus der homöopathischen Praxis kennen, gibt es auch beim Mesmerismus. In Selbstbiographie versucht Arthur Lutze in einem Behandlungsbeispiel eine Deutung der mesmerischen Erstverschlimmerung zu geben: «Bald nach meiner Ankunft traten die Krämpfe ein, was ich folgendermassen erkläre: So wie ich da bin und ihr meine Hände auf den Kopf lege, so spende ich ihr eine solche Fülle von Lebenskraft, dass dieselbe mit dem krampfhaften Prinzip in ihr in Kampf tritt, bis die Lebenskraft den Krampf gänzlich überwunden hat und Gesundheit da ist.»¹⁴

Mesmerismus Homöopathie
Franz Anton Mesmer bei einer Behandlung: Studium der Logik, Metaphysik, Theologie, Mathematik, Philosophie, Physik, alten Sprachen und der Medizin. Seine Dissertation hiess *Der Einfluss der Planeten auf den menschlichen Körper*. Foto: Internet

Mesmer sah seine Therapieform immer als fluidale Angelegenheit. Er war Fluidaltherapeut und kein Psychotherapeut. Ungewollter und unbewusster Mesmerismus spielt nach Herbert Fritsche in der Psychotherapie eine weit grössere Rolle als normalerweise angenommen wird: «Magisches Wirken, Spagyrik, Mesmerismus und Psychotherapie können, wenn sie sich mit dem Gesetz similia similibus verbünden, als heilsame homöopathische Grenzüberschreitungen die Homöopathie Hahnemanns ergänzen und fördern. Ausserhalb der Homöopathie und jener ihr zugehörigen Grenzüberschreitungen ist zuweilen die Schulmedizin geeignet, Ergänzung der Homöopathie zu sein. Nie aber kann die Homöopathie als Ergänzung der Schulmedizin gewertet werden.»¹⁵

Mesmerismus und Homöopathie in der Praxis

1823 versuchte Ernst Stapf als erster der Hahnemann-Schüler, die Anwendungsmöglichkeiten des Mesmerismus auf der Grundlage des homöopathischen Systems zu erörtern. Dies geschah in seinem Artikel Zoomagnetische Fragmente, besonders in Beziehung auf die Beurtheilung und Anwendung des Mesmerismus im Geiste der homöopathischen Heillehre. Als weiterer Homöopath beschäftigte sich Caspari mit der Verbindung von Mesmerismus und Homöopathie. Beide sahen den Mesmerismus als Teil des homöopathischen Systems und nicht als selbstständige Methode neben der Homöopathie.

Stapf führte nur einen geringen Indikationsbereich für die Anwendung des Mesmerismus an, Caspari dagegen eine grössere Anzahl von Leiden. Für Hahnemann, Stapf und Caspari war es klar, dass der Organismus in vielen Fällen erst durch den Mesmerismus für Arzneimittel empfänglich wurde. Caspari forderte im Sinne der homöopathischen Arzneimittelprüfungen sogar Prüfungen mit dem Mesmerismus an Gesunden.

1855 publizierte Dr. Siemers aus Hamburg einen ausführlichen Artikel mit dem Titel Die Homöopathie und der Lebensmagnetismus in der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung. Hier erwähnte er, dass bis jetzt der Mesmerismus von den Homöopathen vernachlässigt worden sei. Nach seiner Sichtweise müssen sich Homöopathie und Mesmerismus ergänzen, um das Werk der Heilung zu vervollständigen. Siemers empfiehlt in seiner Publikation den Mesmerismus in folgenden Fällen:       

1 Krankheitszustände mit sehr gesunkener Lebenskraft, in denen zum Beispiel Carbo vegetabilis, Camphora, Phosphorus, Secale oder Naphtha keine hinlängliche Reaction hervorbringen.

2 Solche pathologischen Zustände, in denen wir zum Beispiel Sulphur und Opium geben, um die Empfänglichkeit für Arzneiwirkungen gleichsam wieder aufzufrischen.

3 Fälle, in denen aus irgendeiner Ursache eine Menge homöopathischer oder allopathischer Mittel unordentlich oder zu häufig, zu stark wirkend vorher gegeben worden sind.

4 Krankheiten, in denen wir selbst nicht so klar sehen, dass wir sogleich ein Arzneimittel bestim-men können.

5 Fälle, in denen schnelle Hilfe notwendig ist, in denen aber die geeigneten Mittel nicht sogleich zur Hand sind.¹⁶

Nach Siemers sind Homöopathie und Mesmerismus durch das gemeinsame Prinzip der Dynamisierung und Polarisierung miteinander verbunden. 

Mesmerismus Homöopathie
Mesmer-Gedenktafel in Wien an der Stelle wo bis 1919 das Palais Mesmer stand: Bedeutendste Komponisten der Zeit waren zu Gast. Foto: wikipedia.org

Gezielte Imagination 

Ein interessantes Beispiel zum Thema imaginiertes Simile publizierte Herbert Fritsche 1957 in der Zeitschrift für Spagyrik: «Dennoch gibt es Fälle, für die in der bisherigen Reinen Arzneimittellehre weder ein Mittel noch eine Mittelkombination als Simile oder Similia-Komplex zur Verfügung steht. Ein süddeutscher homöopathischer Arzt – dessen Namen zu nennen ich nicht befugt bin – sagte und zeigte mir, wie er sich und seinen Kranken in solchen Fällen hilft: Er imaginiert nach vorangegangener Untersuchung und Exploration die Symptomengesamtheit des Kranken so stark und lebendig wie möglich, lädt sie imaginativ auf das Vehikel, akkumuliert das Vehikel mit der gezielten Imagination und potenziert es. Der Patient weiss nicht davon. Er erhält seine C 30 und sie wirkt auf ihn im gewünschten Sinne. 

Solche buchstäbliche Similia-similibus-Magie bleibt freilich ein Wagnis, da ihr Verzicht auf die objektive Mitwirkung der Arznei ein Doppeltes von der objektiven Mitwirkung des Arzneiverfertigers verlangt, was nur magisch Begabten gelingen wird. Sie bleibt ausserdem eine Notmassnahme: Aber Wagnisse und Notmassnahmen können gegebenenfalls wesentlich zur Heilkunst gehören.»¹⁷

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass schon Paracelsus die Imagination als die Mutter aller Magie verstand. 

Ich erinnere mich an den Pendelforscher und Heiler Pfarrer Johannes Bolte, den ich Ende der 70er Jahre persönlich kennenlernte. In seinem sehr individuell geprägten Pendelsystem arbeitete er auch mit Wachspendeln, die er für bestimmte Zwecke im meditativen Zustand geistig imprägnierte. Zum Beispiel hatte er einen Pendel, der nur für homöopathische Mitteltestungen verwendet wurde. Diese Pendel waren geistig aufgeladen und reagierten in dem dafür bestimmten Arbeitsgebiet besonders emp-findsam und erleichterten dem damit arbeitenden Radiästheten die praktische Tätigkeit. Bolte beschäftigte sich auch mit der Aufladung von Wasser, Alkohol, Badewasser etc. Er schrieb über seine Methode: «Auch du kannst das lernen, in dir so die Formbildungs- und Glaubenskräfte zu entwickeln, dass du etwas Derartiges berührst, dabei intensiv denkend oder betend: Die wunderbare Schöpfungskraft Gottes gehe durch meinen Geist und durch meine Hände und verwandle dieses hier in meiner Hand zu dem allerherrlichsten göttlichen Heilmittel.»¹⁸

Mediale Durchgabe zur Wirksamkeit der Homöopathie

Der Grazer Musiklehrer Jakob Lorber (1800–1864) hielt sich für einen Vermittler göttlicher Offenbarungen. Er wurde durch das Innere Wort inspiriert und verfasste ein sehr umfangreiches Werk. Der homöopathische Arzt  Emil Schlegel schätzte Lorbers Offenbarungen. Nach Lorbers Tod war sein Offenbarungswerk noch nicht ganz beendet. So vernahm Gottfried Mayerhofer (1807–1877) in Triest ebenfalls das Innere Wort und schrieb noch weitere Bände. Aus einer seiner Durchgaben seien hier die wesentlichen Aussagen zur Homöopathie wiedergegeben: «Diese Heilmethode nannte man Homöopathie oder wie ich sie nennen möchte: Seelen-Heilkunst. Denn die Seele wirkt hier zur Heilung gerade mit den nämlichen Mitteln im kleinsten Masse, welche im grossen die Krankheiten hervorbringen würden – und warum? Eben deswegen, weil in Meiner Natur nichts Schädliches ist, sondern nur in der Art und Weise, wie es gegeben und in Quantität und Qualität der Grund liegt, dass das nämliche entweder nutzen- oder schadenbringend ist. 

Bei den Arzneien, welche in der Homöopathie gegeben werden, wirkt nicht die Materie, sondern das Geistige der Materie nur. Dieses Geistige aber hat sehr viel Verwandtes mit den Stoffen, aus welchen die Seele des Menschen und der Tiere zusammengesetzt ist. Und wo bei Krankheiten das eine oder andere mangelt, da wird homöopathisch das Fehlende der Seele wieder ergänzt und so die Ordnung wiederhergestellt.»¹⁹

In den medialen Durchgaben von Urius wird ebenfalls sehr genau auf die Homöopathie eingegangen. Die Homöopathie wird hier als ein Bindeglied zwischen exoterischen und esoterischen Heilweisen dargestellt. Jede homöopathische Arznei wird als Schwingungs- und Energieträger gesehen. In der Homöopathie würde es vor allem um das Aufnehmen der heilenden Energie auf der Ebene des Ätherkörpers gehen. Über die Behandlungsmöglichkeiten der Homöopathie heisst es in einer Durchgabe von Urius:  «Alle Krankheiten, die aus einem mangelhaften Einfliessen der Energien vom Astral- in den physischen Körper entstehen, können besonders gut durch homöopathische Mittel geheilt werden, also Krankheiten, bei denen der Ätherkörper als Mittler in seiner Funktion nicht harmonisch arbeitet.»²⁰ Nach Urius wirken die homöopathischen Mittel auch auf den Astral- und Mentalbereich des Menschen. Ihre Hauptwirkungsebene ist der Ätherkörper. Über die Wirkung der homöopathischen Arzneimittel sei hier eine weitere Durchgabe von Urius wiedergegeben: »Alle homöopathischen Mittel wirken über den Ätherbereich. Die Energielinien des Ätherkörpers führen die Energie in den vorbestimmten Bereich hinein. Die Energie muss dann bewusst in den Astral- oder Mentalbereich hineingelenkt werden. Bei entsprechender Potenzgabe und rechter Bewusstseinsausrichtung des Behandlers auf den Bereich, in den die Energie hineinfliessen soll, kann ein homöopathisches Mittel über den Ätherkörper in den Astral- oder Mentalbereich hineinwirken.»²¹

Erklärungen zur Terminologie und Lehre von den verschiedenen feinstofflichen Körpern des Menschen finden wir in der theosophischen und anthroposophischen Literatur. Ich habe zum Abschluss dieses Artikels diese Offenbarungen und medialen Durchgaben angeführt, weil sie mir vor allem von der inhaltlichen Ebene her als wertvoll und bedenkenswert erscheinen. Über die Hintergründe und Erklärungsmöglichkeiten solcher Durchgaben gibt es unterschiedliche Erklärungsmodelle sowohl animistischerer als auch spiritualistischerer Art.

Zitatnachweis

1 Eppenich, Samuel Hahnemann und die Beziehung zwischen Homöopathie und Mesmerismus, S. 156
2 Lutze, Lehrbuch der Homöopathie, S. 655
3 Hahnemann, Organon, S. 265
4 ebd. S. 264
5 ebd. S. 266
6 Voegeli, Das ABC der Gesundheit, S. 54.
7 Kröner, Der Untergang des Materialismus, S. 202
8 Surya, Homöopathie, S. 42
9 Voegeli, Heilkunst in neuer Sicht, S. 235
10 Quade, Odlehre – Odik, S. 35
11 Kirn, Homöopathie und Odlehre, S. 398
12 zit. nach Gerhardt, Handbuch der Homöopathie, S. 44
13 Fritsche, Erhöhung der Schlange, S. 100
14 Lutze, Selbstbiographie, S. 261
15 Fritsche, Der Heilwert homöopathischer Grenzüberschreitungen, S. 128
16 Siemers, Die Homöopathie und der Lebensmagnetismus, S. 69 17 Fritsche, Der Heilwert homöopathischer Grenzüberschr., S. 108 f
18 Bolte, Von der Pendelforschung zur Wunderbeilung, S. 83
19 Lorber (u. a.), Heilung und Gesundheitspflege, S. 70
20 Baertz, Öffnung nach Innen, S. 56
21 ebd. S. 57

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