Perlen aus dem Archiv – Schüssler

Schüssler Salze
Dr. Wilhelm Heinrich Schüssler in seinem zentralen Werk *Eine abgekürzte Therapie: Anleitung zur biochemischen Behandlung der Krankheiten*: «Mein Heilverfahren gründet sich auf die physiologisch-biochemischen Vorgänge, welche sich im menschlichen Organismus vollziehen.» Foto: Wikipedia

In naturheilkundlich und radiästhetisch interessierten Kreisen wird man immer wieder der Biochemie Dr. Schüsslers begegnen. Viele Radiästheten, die als Heilpraktiker tätig sind, verordnen ihren Patienten, auf radiästhetischer Grundlage und oft in Kombination mit der sogenannten Antlitzdiagnostik, Schüssler Salze. Wer war Schüssler?

Wilhelm Schüssler wurde am 21. August 1821 in Bad Zwischenahn, Niedersachsen geboren. Sein Vater hatte als Steuereinnehmer nur ein kleines Gehalt. Aus diesem Grunde war ihm ein höherer Schulbesuch nicht möglich. Er interessierte sich für Sprachen und lernte in seiner Begeisterung mehrere Sprachen. Durch die Erfolge eines Laienpraktikers wurde er auf die Homöopathie aufmerksam. Er wollte nun Homöopath werden. Wilhelms Bruder ermöglichte ihm eine höhere Schulbildung und ein Studium. 1857 konnte er in Oldenburg seine ärztliche homöopathische Praxis eröffnen. Er plante sogar die Publikation einer homöopathischen Arzneimittellehre. Die Fülle der immer neu dazukommenden Arzneimittel wurde ihm zuviel. Herbert Fritsche schrieb über diese Situation: «Immer neue Stoffe werden geprüft, immer neue Symptomenreihen stellen ihre Anforderungen an Gedächtnis und Schauvermögen. Der ein wenig primitive Dickschädel aus Oldenburg will kein Gelehrter und kein universaler Geist sein, sondern ein handfester Helfer seiner ebenso handfesten Kranken. Feste Grenzen wünscht er, um sein einfaches Handeln gezogen, keine endlosen Weiten etwa oder komplizierten Wildnisse.»¹

Seine neu entwickelte Methode baut auf der Basis der Molekulartheorie seiner Zeit und auf der Virchowschen Molekularpathologie auf. Das Wesen jeder Krankheit wird in den Veränderungen der Zelle gesehen. Schüssler warf nun die bisherige Homöopathie über Bord und beschränkte sich auf die nach ihm benannten Schüssler Salze. Er erstrebte eine Vereinfachung der Homöopathie und beschränkte sich auf ein begrenztes Heilsystem. Herbert Fritsche äusserte sich folgendermassen über diese Methode: «Schüssler ist der Anbeter der heiligen Einfachheit und wird bei denen, die gleichen Glaubens sind, zu allen Zeiten Freunde finden.»² 

Ungewollte Homöopathie

Es soll hier auf keinen Fall der Erfolg mit diesen Mitteln bestritten werden. Manche Therapeuten, die Schüssler Salze verwenden, lassen Schüsslers zeitbedingte Begründungen auch nicht mehr gelten. Sicherlich lassen sich mit dieser Methode Erfolge erzielen. Die Praxis vieler Radiästheten hat es gezeigt. Problematisch wird es nur, wenn die Biochemie Schüsslers als Heilverfahren als absolut gesetzt wird. Man kann sicherlich nicht alle Krankheiten erfolgreich mit Schüsslersalzen behandeln, wie uns manche Therapeuten mit sektiererischem Gehabe vormachen wollen. Genausowenig kann die Therapie mit Schüsslersalzen die Klassische Homöopathie ersetzen. Der homöopathische Arzt Dr. Otto Leeser äusserte sich über die Biochemie Schüsslers: «Es ist damit keineswegs gesagt, dass nun alle seine Behauptungen über die heilsamen Wirkungen der 11 Mittel falsch seien. Nein, die Mittel haben ihre Erfolge ja auch zum grossen Teil nach homöopathischer Ansicht hinlänglich bewiesen. Schüssler selbst hat zweifellos viele der von ihm gegebenen Anweisungen zum Gebrauch der Mittel aus seinen homöopathischen Erfahrungen übernommen. Und manche seiner neuen Angaben mögen als Beobachtungen von Heilwirkungen an Kranken wertvoll bleiben. Nur wird man zugeben müssen, dass sein arzneiliches Verfahren wegen seiner gedanklichen Grundlagen als Methode völlig unzulänglich ist.»³

Zum  Namen  Biochemie  äusserte  sich Leeser folgendermassen: «Der Name Biochemie sollte aber der Wissenschaft von der Chemie der Lebensvorgänge vorbehalten bleiben und nicht einem Behandlungsverfahren, das sich auf einen heute nicht mehr geltenden Zustand des biochemischen Wissens gründet.» 

Herbert Fritsche nannte das Arbeiten mit den Schüsslersalzen «Homöopathia involuntaria» – ungewollte Homöopathie. Er schrieb über die zweifellos vorhandenen grossen Verdienste Schüsslers: «Wie sein Zeitgenosse Julius Hensel und etwas später vor allem Heinrich Lahmann und Ragar Berg lenkte er die allgemeine Aufmerksamkeit auf die therapeutische Bedeutung des Mineralstoffwechsels. Darüber hinaus führte er neue Mittel ein, deren sich die Homöopathie mit Gewinn bemächtigte, so vor allem das phosphorsaure Kalium. Drittens aber – und das ist seine unvergängliche Tat – lehrte er die totale Beherrschung seiner wenigen Arzneien, obwohl seine biochemische Theorie ungenügend und seine allgemeingültige Definition der Krankheiten als Defiziterscheinungen falsch war. Man kann bei Schüssler lernen, wenige Mittel in allen Abstufungen zu meistern, ein Virtuose auf einer winzig kleinen therapeutischen Skala zu werden.

Als Gewissensschärfer in Fragen der Meisterung des Arzneimittelschatzes, als hoher Künstler der Beschränkung zugunsten der Vertiefung bleibt Schüsslers gedrungene Gestalt am Sockel des Hahnemanndenkmals hocken, wohl der Primitivsten, aber nicht der Geringsten einer.» Die Heilweise mit den Schüssler Salzen wurde zu einer Volksheilweise. In vielen Fällen hat sie auch Heil und Heilung gebracht. 

Schüssler Salze
Schüssler Salz Tabletten: Heute sind 12 Basissalze und 15 Ergänzungssalze erhältlich. Foto: Andreas Obinger

Hinzugabe des Fehlenden

Zum Abschluss dieses Artikels sei hier noch ein Abschnitt aus Hans Blühers Traktat über die Heilkunde wiedergegeben. Dieser Text soll uns dazu anregen, über die tieferen Hintergründe dieser umstrittenen Therapieform nachzudenken: «Wilhelm Heinrich Schüssler ist fachwissenschaftlich gebildeter Mediziner und approbierter Arzt. Daher lebt er in der Gedankenwelt des 19. Jahrhunderts, denkt chemisch, aber er ist mit seiner Mineralsalztherapie (Biochemie) durch und durch Naturarzt. Er weiss nämlich nicht, dass der Hintergrund seines Denkens religiös ist; es ist eine sehr ehrwürdige Form von Religion, die nichts von sich selber ahnt und nichts verkündet. Reden wir nicht in seiner Sprache, sondern übersetzen wir sein Werk in den Urmythos (schon dass man das kann, zeugt von seinem Genie). So lautet es: Der Mensch ist aus Erde geschaffen und wird zur Erde. Es ist gemischte Erde und nicht einfache. Wenn die Mischung ins Wanken gerät, also sündig wird, so entsteht Krankheit. Alle Krankheiten sind falsch gemischte Schöpfungserde. Alle Krankheiten können geheilt werden, indem der Arzt durch Hinzugabe des Fehlenden das Gleichgewicht wiederherstellt.

Schüssler findet nun an Stelle der Urerde deren qualitative Repräsentanten in den Mineralsalzen, die er chemisch bestimmt. Es sind 11. In seinem Alter wird er sich unschlüssig darüber, ob es nicht ein Zwölftes gibt, das den mineralischen Bau des Körpers vollendet; er entscheidet aber dagegen. Manche seiner Schüler entscheiden dafür. Dass in der Heilsordnung Schwankungen darüber vorkommen, ob es 11 oder 12 sind, das hat man wohl schon an anderer Stelle erfahren; die Frage bleibt bekanntlich offen (theologisch gesprochen: ist Judas Apostel…?)

Der geniale Griff Schüsslers ergibt in seiner tiefsten Auswirkung eine überaus reine und hochstrebende Medizin, die im Vergleich zu der meist völlig ratlosen, allopathisch-toxischen, die erstaunlichsten Erfolge zeitigt. Aber diese Erfolge sind nur gesichert in der Hand von Ärzten, die zugleich hochgebildet sind und jenen ureignen Anschluss an die Natur in ihrer Person besitzen, der es ihnen erlaubt, den ganzen Menschen zu überblicken. Das Dirigieren der Salze wird eben vom Himmel geschenkt und lässt sich nicht in feste Dosierungen pro Krankheit niederlegen. Was zu geschehen hat, damit die Krankheit schwinde, das kann nur in jedem einzelnen Falle der Arzt entscheiden, der von Gottes Gnaden Arzt ist.»

Zitatnachweis 

1 Fritsche, Samuel Hahnemann, S. 336
2 ebd. S. 335
3 Leeser, Homöopathie und Biochemie, S. 71
4 ebd. S, 72
5 Fritsche, Samuel Hahnemann, S. 337
6 Blüher, Traktat über die Heilkunde, S. 27 f

Anwendung der Schüssler Salze

Wie kann der Radiästhet die Schüssler Salze anwenden? RR hat bei der Heilpraktikerin Renate Siefert nachgefragt. 

Renate Siefert: Um es gleich vorweg zu sagen, ich bin keine Freundin von Niedrigpotenzen. Die Schüssler Salze sind alle niedrig potenziert in D6 oder D12. Nach meiner Erfahrung ist die oft zitierte und gefürchtete Erstverschlimmerung, die nach der Gabe einer homöopathischen Arznei erlebt werden kann, eine Folge von zu niedrigen Potenzen. Das sollte man wissen und in Kauf nehmen, wenn man mit D6 oder D12 arbeitet.

Die Anzahl der homöopathischen Arzneimittel ist unüberschaubar gross. Zu Zeiten von Schüssler waren es ein paar Hundert, heute sind es nahezu 3000. Das ist auch der Grund dafür, dass sich Schüssler Salze für den Hausgebrauch einer grösseren Beliebtheit erfreuen als die Homöopathie. Die überschaubare Anzahl macht es möglich, sich mit dieser
Heilmethode vertraut zu machen und sie auszuprobieren. So kann ein Radi eben auch gebeten werden, einmal zu schauen, welches Salz in diesem oder jenem Falle zuträglich sei. Selbstverständlich kann er anhand einer Liste seine Mutungen durchführen. Das ist problemlos, wenn er oder sie das für den eigenen Gebrauch tut. Über die möglichen Probleme bei der Empfehlung von Arzneimitteln an Dritte sprechen wir im Bericht Was darf ein Radiästhet?

Anhand der Liste mit Schüssler Salzen ist das passende Salz durch Mutung zu finden. Falls sich nichts finden lässt, würde ich vorschlagen, abzufragen, ob eines der Salze vielleicht in einer anderen Potenz zuträglich sei. Dann wäre die Potenz zu ermitteln: Vielleicht eine C30, eine C200 oder eine C1000? Oder eine LM6 /12 /18 /24 /30? Entsprechend dem Ergebnis könnte die Arznei in der passenden Potenz in der Apotheke besorgt werden. Homöopathika werden rezeptfrei abgegeben. 

Zur Dosierung der Einnahme kann wieder Pendel oder Tensor befragt werden. Ebenso über den Zeitraum, in welchem die Behandlung erfolgen soll.

Selbstbehandlung

Für akute Infekte und die Zufälle des täglichen Lebens sind die Schüssler Salze eine Möglichkeit zur Selbstbehandlung. Für alle chronischen Krankheiten sollten wir jedoch Therapeuten zu Rate ziehen, die mit der Homöopathie in ihrer ganzen Bandbreite vertraut sind.

Ich verwende die Salze regelmässig, jedoch in anderen Potenzen. Bei grippalen Infekten und Husten ist Ferrum phosphoricum meist schnell hilfreich oder bei nervösen Störungen und Schlafproblemen Kalium phosphoricum. Aber, weil die Homöopathie sehr individuell verschrieben werden sollte, dann auch wieder nicht, leider.

Es werden auch Cremes und Salben auf Basis von Schüssler Salzen mit den entsprechenden Indikationen angeboten. Die Salbe Nr. 11: Silicea D12 ist für mich unverzichtbar. Angewendet bei einer drohenden Nagelbett-Entzündung ist das schmerzhafte Problem bald behoben. Deshalb habe ich diese Salbe immer in der Hausapotheke. 

Ich bin Wilhelm Schüssler unendlich dankbar. Ich vermute, dass mit seinen Salzen manch wunderbare Heilung zustande gekommen ist, weshalb sie sich zurecht immer noch grosser Beliebtheit erfreuen dürfen.

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